Finanzminister Hartmut Vorjohann hat am Donnerstag das zum »Archiv der Avantgarden – Egidio Marzona« umgebaute historische Blockhaus gemeinsam mit Sachsens Kultur- und Tourismusministerin Barbara Klepsch offiziell an die Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Prof. Dr. Marion Ackermann, übergeben. Damit kann der Einzug in den vom Architekturbüro Nieto Sobejano Arquitectos geplanten Gebäudeumbau am Neustädter Elbufer beginnen. Finanzminister Hartmut Vorjohann: »Das Dresdner Blockhaus zeigt, wie beeindruckend Tradition und Moderne verbunden werden können. Hinter der vertrauten, barocken Fassade verbirgt sich ein zeitgenössischer und multifunktionaler Kunstraum, der architektonisch neue Maßstäbe setzt. Herzstück ist ein scheinbar schwebender Kubus im Inneren, der das eigentliche Archiv wie ein Tresor auf drei Ebenen aufnimmt. Das Dresdner Blockhaus wird aber nicht nur ein Ort für Kunstliebhaber und Wissenschaftler sein, sondern lädt mit seinem historischen Garten schon heute alle Dresdner sowie Gäste ein.«
Staatsministerin für Kultur und Tourismus Barbara Klepsch: »Ich freue mich, dass heute ein ganz wesentlicher Abschnitt auf dem Weg zur Eröffnung des Archivs der Avantgarden im Mai 2024 abgeschlossen werden kann. Ich danke allen am Bau Beteiligten herzlich für diesen beeindruckenden Umbau. Nun können die Staatlichen Kunstsammlungen in den kommenden Monaten die Ausgestaltung des künftigen Archivs der Avantgarden angehen. Wer sich hier im Haus oder im Außenbereich umschaut, bekommt schon heute eine Ahnung davon, dass hier künftig einer der interessantesten Orte der Stadt entstehen wird. Mit der Eröffnung des Blockhauses im kommenden Jahr wird Dresden und Sachsen einen neuen international ausstrahlenden Leuchtturm erhalten. Es besitzt für internationale Institutionen schon jetzt große Anziehungskraft und wird für Kongresse angefragt. Die künftigen Besucherinnen und Besucher können sich auf eine spannende, neue Institution im Herzen Dresdens freuen, einen Ort des Reflektierens und des Austauschs.«
Prof. Dr. Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden: »Eines der stärksten Potenziale eines Archivs ist das Vermögen, die Vergangenheit zu verstehen und zugleich in einer zeitgenössischen Debatte zu verorten. Das Blockhaus vereint dies in seiner zeichenhaften Architektur und verbindet sich dabei ganz natürlich mit der Sammlung des ADA. So entsteht mit dem anliegenden Garten zum Elbufer ein Raum der Vision, der Offenheit und Demokratie – ein lebendiger Ort, der in seiner Vielfalt der Sammlung und Nutzung als Forschungsplattform einen neuen Treffpunkt an einem der spektakulärsten Standorte Dresdens ausmacht.«
Dem Freistaat Sachsen war es im Jahr 2016 gelungen, Egidio Marzona als Stifter einer weltweit einmaligen Sammlung avantgardistischer Kunstexponate für sich zu gewinnen. Er hatte den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden neben einer ersten Schenkung von rund 1,5 Millionen Objekten im Jahr 2016 weitere 200.000 Stücke Ende 2018 übertragen. Im Jahr 2016 entschied die Sächsische Staatsregierung das Blockhaus als Archiv und Kunstmuseum für die »Sammlung Marzona« umzugestalten und einen Ort zum Forschen, Ausstellen, Diskutieren und Verweilen zu schaffen.
Mit einem Investitionsvolumen von rund 29 Millionen Euro konnte in vier Jahren Bauzeit aus dem sanierungsbedürftigem Blockhaus in exponierter Stadtlage ein herausragendes Zentrum zeitgenössischer Kunst entstehen.
Im Erdgeschoss entstanden großzügige Veranstaltungs- und Ausstellungsflächen. Die so genannte »Forschungsplattform« im Zwischengeschoss bietet Raum für Lesesaal, Quellen- und Materialforschung. Der Kubus selbst beherbergt auf drei Ebenen das eigentliche Depot mit Archivflächen auf einer Rollregalanlage für 1740 laufende Meter und Räumen für Restaurierung und Digitalisierung. Insgesamt stehen 1.900 m² Nutzfläche zur Verfügung.
Das unter Denkmalschutz stehende Blockhaus wurde bis auf die Außenwände komplett entkernt. Die historische Fassade sowie Dach und Fenster wurden nahezu authentisch restauriert. Der scheinbar schwebende Archiv-Kubus im Herzen des Gebäudes wird nicht, wie sonst üblich getragen von Stützen, sondern von vier Flügeln, zwei davon sind sichtbar. Als Schutz gegen Hochwasser sind im Untergeschoss eine wasserundurchlässige Bodenplatte und eine Schutzwand mit Flutschutztoren eingebaut. In die Außenanlagen mit dem denkmalgeschützten Garten flossen 3,4 Millionen Euro. Neue Sitzmöglichkeiten laden in exponierter Stadtlage zum Verweilen ein.
Nach der Übergabe schließt sich jetzt die Einregelung der technischen Anlagen, insbesondere die Klimatisierung und im Anschluss der Umzug der Sammlung an. Die Eröffnung des Archivs der Avantgarden ist im Frühjahr 2024 geplant.
Hintergrund Geschichte Blockhaus:
Das Blockhaus wurde nach Plänen von Zacharias Longuelune (1669 – 1748) im Jahr 1755 als Wachgebäude fertiggestellt. Infolge der Bombardierungen des 2. Weltkriegs im Februar 1945 wurde das Gebiet des Neustädter Marktes mit den umliegenden Gebäuden weitgehend zerstört. Das Blockhaus brannte vollständig aus und blieb 35 Jahre lang eine Ruine.
In den Jahren 1978 bis 1982 wurde es für eine Veranstaltungsnutzung wiederaufgebaut und in seinen ursprünglichen Zustand von vor 1892 zurückversetzt. Das Gebäude ging 1994 in das Eigentum des Freistaates Sachsen über, der es für Veranstaltungen der Landesregierung nutzte.
Außerdem hatte die Sächsische Akademie der Künste, die Außenstelle Dresden der Sächsischen Akademie der Wissenschaften und die Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt darin ihren Sitz. Durch das Elbehochwasser im Sommer des Jahres 2013 wurde das Gebäude stark geschädigt und war nicht mehr nutzbar.
Hintergrund »Archiv der Avantgarden – Egidio Marzona« Das »Archiv der Avantgarden – Egidio Marzona« (ADA) enthält eine der umfangreichsten und bedeutendsten Sammlungen von Kunstwerken, Objekten und Dokumenten der künstlerischen Avantgarden des 20. Jahrhunderts. Dieser Bestand ist in Umfang und Struktur weltweit einmalig. In den späten 1960er Jahren, im turbulenten Umfeld von Konzeptkunst und Studentenbewegung, hatte der deutsch-italienische Galerist, Sammler und Verleger Egidio Marzona zu sammeln begonnen, was bis dahin nur wenige Kunstsammler interessierte: neben Kunstwerken aller Gattungen, wie Gemälden, Zeichnungen, Grafikwerken, Möbeln und Designobjekten, auch Dokumente und Materialien zu den künstlerischen Prozessen und vor allem sogenannte Ephemera wie Einladungskarten, Poster, Kataloge und Briefe. Die Sammlung bietet in ihrer einzigartigen Dichte die ideale Grundlage zur Erforschung und Neubewertung der künstlerischen Avantgarden in ihren gesellschaftlichen Verflechtungen im 20. Jahrhundert.
Quelle: Sächsisches Staatsministerium der Finanzen