Die Stadtentwässerung Dresden investiert in den kommenden 15 Jahren jährlich 45 Millionen Euro in den Ausbau des Dresdner Kanalnetzes und die Erweiterung der Kläranlage Kaditz. Dies entspricht nahezu einer Verdopplung des bisherigen Volumens. Mit diesem ambitionierten Investitionsprogramm reagieren die Landeshauptstadt Dresden und das Unternehmen auf aktuelle Herausforderungen wie Bevölkerungszuwachs, die wachsende Halbleiter-Industrie und Forderungen nach einer vierten Reinigungsstufe. Im Juni dieses Jahres starteten die Planungen für die Erweiterung der Abwasserbehandlung auf der Kläranlage Dresden-Kaditz. Damit tritt das Ausbauprogramm in eine neue Phase. In den nächsten Monaten untersetzen die beauftragten Ingenieurbüros die vom Dresdner Stadtrat bestätigten Konzepte mit konkreten Planungen und schaffen u. a. die Voraussetzungen für die Ausschreibung der erforderlichen Bauleistungen.
Aus diesem Anlass berichtete die Dresdner Umweltbürgermeisterin, Eva Jähnigen, während eines Pressetermins am 25. Juli 2024 im Klärwerk Dresden-Kaditz über die Hintergründe des Investitionsprogramms. Ralf Strothteicher, Technischer Geschäftsführer der SEDD, und Kirsten Bollrich, Projektleiterin Ausbau Kläranlage, erläuterten anschließend die konkreten Ausbaupläne für das Klärwerk Kaditz und weiterer Abwasseranlagen.
Dresdens Abwasserbeseitigung steht vor großen Herausforderungen:
Bevölkerungswachstum: Die Bevölkerungsprognose aus dem Jahr 2023 geht davon aus, dass bis 2040 rund 603.000 Einwohner in Dresden leben werden.
Stark wachsender Wirtschaftsstandort: Insbesondere die Halbleiterindustrie boomt in Dresden. Die Stadtentwässerung Dresden rechnet bis 2030 mit einer Verdopplung der Abwässer aus Industrie und Gewerbe von aktuell 10 Millionen Kubikmetern (17 Prozent vom Gesamtzulauf Kläranlage Kaditz) auf dann 20 Millionen Kubikmetern pro Jahr. Durch diese Mengen kommt es zu einem (wenn auch nicht proportionalen) Zuwachs bei den Schmutzfrachten.
EU stellt umfangreiche Forderungen an die Abwasserwirtschaft: Die novellierte EU-Kommunalabwasserrichtlinie (KARL) setzt zukunftsweisende Standards und fordert erhebliche Investitionen und Anpassungen in der Wasserwirtschaft. Im Folgenden einige Eckpunkte daraus.
So beinhaltet die EU-Richtlinie Forderungen nach einer Reduktion von Nährstoffen im Abwasser, um die Wasserqualität zu verbessern. So sollen in kommunalen Kläranlagen ab 150.000 Einwohnerwerten die Ablaufkonzentrationen u. a. für folgende Stoffe verringert werden.
Phosphor (P) von 1,0 mg/l auf 0,5 mg/l
Gesamtstickstoff (N) von 13 m/l auf 8 mg/l
Bis 2035 sollen Kommunale Kläranlagen (> 100.000 EW) mit einer 4. Reinigungsstufe ausgestattet sein, um Mikroverunreinigungen zu entfernen. Es gibt neue Anforderungen, die darauf abzielen, dass Abwasserbehand-lungsanlagen energieneutral betrieben werden sollen. Weiterhin fordert KARL, die Verschmutzung durch Regenüberläufe im Abwassersystem auf höchstens 2 Prozent der jährlich gesammelten kommunalen Abwasserlast zu begrenzen.
Neues Abwasserbeseitigungskonzept von 2023 stellt die Weichen für eine zukunftsfeste Abwasserbeseitigung
Das Abwasserbeseitigungskonzept der Landeshauptstadt Dresden bis 2038, das durch den Dresdner Stadtrat beschlossen wurde, fokussiert sich auf die Herausforderungen durch das Bevölkerungswachstum und die zunehmende Industrie, insbesondere die Halbleiterindustrie. Ein wesentlicher Bestandteil ist der Bau des Industriesammlers Nord, ein 11 Kilometer langer Kanal für die Abwässer der Chipproduktion, sowie die Erweiterung der Kläranlage Kaditz, um die steigenden Abwassermengen zu bewältigen. Darüber hinaus beinhaltet das Konzept Maßnahmen zur Energieeffizienz, zur Erhöhung des Anteils regenerativer Energien und zur Reduktion von CO2-Emissionen und Mikroschadstoffen im Abwasser, um den Klima- und Umweltschutz zu stärken.
Das sind die Meilensteine:
Industriekanal für Halbleiterindustrie
Mit der neuen Infineon-Chipfabrik und dem geplanten Werk des taiwanesischen Chipherstellers TSMC wäre das vorhandene Kanalnetz überlastet. Deshalb baut die Stadtentwässerung für rund 70 Millionen Euro bis 2026 einen rund zehn Kilometer langen Hauptkanal vor allem für die Abwässer der Mikroelektronik-Betriebe, den Industriesammler Nord. Der führt vom Klärwerk zu den Gewerbegebieten in Rähnitz und an der Königsbrücker Straße. In allen Bauabschnitten haben die Arbeiten bereits begonnen. Lediglich ein Teilabschnitt wird nach 2026 gebaut. Der Anschluss von Infineon entlang der Königsbrücker Straße.
Mehr Stauraum zum Gewässerschutz
Regnet es stark, wird derzeit Mischwasser in fünf Regenüberlaufbecken zurückgehalten. So läuft es nicht in die Elbe oder andere Gewässer über und belastet sie. Außerdem wird mit elf Steuerbauwerken das Speichervolumen des Kanalnetzes genutzt. In den Regenüberlaufbecken und im Kanal können derzeit rund 95.000 Kubikmeter Abwasser angestaut werden. Geplant ist, zwischen 2032 und 2038 unter anderem neun Regenüberlaufbecken in Dresden zu errichten. Sie sollen ein Speichervolumen von bis zu 40.000 Kubikmeter haben. Gebaut werden soll besonders in der Stadtmitte, wo zwei Regenüberlaufbecken geplant sind, die insgesamt 28.000 Kubikmeter fassen, und ein Steuerungsbauwerk.
Neuer Gasspeicher
Da die beiden vorhandenen Faultürme immer besser arbeiten und mehr Biogas erzeugen, soll 2025 ein zweiter 5.000 Kubikmeter fassender Gasspeicher für rund 2,5 Millionen Euro errichtet werden. Ein weiterer Gasometer ist nötig, damit auch in Spitzenzeiten immer genügend Gas für die Blockheizkraftwerke zur Verfügung steht, mit denen schon jetzt 87 Prozent der Energie fürs Klärwerk Kaditz selbst erzeugt werden. Damit diese Anlagen auf dem neuesten Stand sind, werden 2024 und 2025 insgesamt rund drei Millionen Euro in die Erneuerung von zwei Blockheizkraftwerken investiert. Die SEDD verfügt dann über vier BHKW (bisher drei).
Neue Becken und dritter Faulturm
Im Juni 2023 sind die Planungen für die Erweiterung der Abwasserbehandlung auf der Kläranlage gestartet. Das Herzstück des Klärwerks, die biologische Reinigung, soll ausgebaut werden. Die Belebungs- und Verteilerbecken fassen insgesamt 144.000 Kubikmeter. Geplant sind zwei weitere Belebungsbecken, die 32.000 Kubikmeter fassen. Vorgesehen ist auch eine weitere Gebläsestation, die die nötige Luft zu den Becken befördert. Die Bauarbeiten, für die rund 13 Millionen Euro vorgesehen sind, sollen 2026 beginnen und 2028 abgeschlossen werden. Parallel dazu werden ab 2027 die vorhandenen sechs Nachklärbecken bis 2029 für zirka 34 Millionen Euro durch zwei weitere ergänzt. Geplant ist außerdem, von 2028 bis 2030 in der Schlammbehandlung einen dritten Faulturm zu errichten. Investition: 17 Millionen Euro.
Neue Einlaufgruppe und 4. Reinigungsstufe
In einem weiteren Schritt sollen zwischen 2030 und 2036 Anlagen und Gebäude neu gebaut oder ersetzt werden. Am Zulauf zur Kaditzer Kläranlage kommt immer mehr Abwasser an. Das ist das hydraulische Nadelöhr der Kläranlage Kaditz. Deshalb soll eine neue, leistungsfähigere Einlaufgruppe mit Sandfang, Rechen und Pumpwerk auf der früheren Vonovia-Fläche vor dem Klärwerk gebaut werden. Die hatte die Stadt im Jahre 2019 zum Zwecke der Erweiterung der Kläranlage erworben. Da dortige Grundstücke noch vermietet sind, kann der Bau nicht früher beginnen. In den denkmalgeschützten Gebäuden der bisherigen Einlaufgruppe ist der Bau einer leistungsfähigeren Einlaufgruppe nicht möglich. Geplant ist, auf der Fläche neben den Nachklärbecken die Anlagen von 2033 bis 2036 der vierten Reinigungsstufe zu bauen. Dafür müssen ein Bürohaus, die Fahrzeughalle und die Schlosserei weichen. Sie sollen auf der früheren Vonovia-Fläche neu errichtet werden. Ist dies geschehen, können die alten Gebäude abgerissen und die Anlagen der vierten Reinigungsstufe gebaut werden.
Quelle: Stadtentwässerung Dresden GmbH
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