Immer mehr Regionen in Deutschland haben Interesse daran, stillgelegte Schienenstrecken zu reaktivieren. Das zeigt die zunehmende Zahl an Studien, die in allen Teilen Deutschlands in Auftrag gegeben werden, um eine Reaktivierung zu prüfen. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und die Allianz pro Schiene haben diese sogenannten Machbarkeitsstudien ausgewertet: Ganz überwiegend kommen sie zu einem positiven Ergebnis. Bei der Zahl der beauftragten Studien gibt es zwar große Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern. Insgesamt zeigt das stark gewachsene Interesse jedoch, dass die Reaktivierung von Schienenstrecken großes Potenzial hat, das ÖPNV-Angebot auch in der Fläche zu verbessern.
„Die Zahl der beauftragten Machbarkeitsstudien in Deutschland wächst praktisch täglich – damit ist das Thema Reaktivierung vor Ort angekommen“, sagte der Geschäftsführer des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Martin Henke, bei der gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin. Der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, betonte: „Besonders bemerkenswert ist, dass mehr als drei Viertel der Machbarkeitsstudien zu einem positiven Ergebnis kommen. Das bedeutet: In den allermeisten Fällen wird eine Reaktivierung als grundsätzlich sinnvoll eingestuft. Das macht uns zuversichtlich, dass viele dieser Projekte auch die nächsten Prüfungsschritte schaffen und dann auch umgesetzt werden.“
Bundesländer unterschiedlich aktiv
Spitzenreiter bei den bereits abgeschlossenen Machbarkeitsstudien mit positivem Ergebnis sind Baden-Württemberg (22 Machbarkeitsstudien) und Nordrhein-Westfalen (16 Machbarkeitsstudien). Hinten liegen bei den Flächenländern Sachsen-Anhalt, Thüringen und das Saarland mit jeweils nur einer positiv abgeschlossenen Machbarkeitsstudie. Immerhin sind aber in allen genannten Ländern mehrere Machbarkeitsstudien in Arbeit, deren Ergebnisse noch ausstehen. Dazu Dirk Flege: „Beim Spitzenreiter Baden-Württemberg gibt es strukturelle Anreize, die Machbarkeitsstudien begünstigen. Während anderswo Kommunen ihre Studien selbst finanzieren müssen, gibt es in Baden-Württemberg dafür finanzielle und organisatorische Unterstützung vom Land. Auch andere Bundesländer sollten solche Anreize schaffen, um Streckenreaktivierungen weiter zu fördern.“
Insgesamt habe sich bei der Unterstützung von Reaktivierungen schon viel getan, sagten beide Verbände. Der Bund fördert die Reaktivierung stillgelegter Strecken über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz mit 90 Prozent der Kosten. Dies gilt allerdings nur für die Reaktivierung von Schienenwegen für den Personenverkehr. Martin Henke forderte daher, künftig auch den Güterverkehr stärker zu berücksichtigen. „Für den Güterverkehr bietet die Reaktivierung stillgelegter Strecken ebenso großes Potenzial, daher wäre ein eigener Haushaltstitel auf Bundesebene das richtige Instrument, um auch bei der Wiederbelebung stillgelegter Güterverkehrsstrecken einen ähnlichen Boom auszulösen wie im Personenverkehr.“
Quelle: Allianz pro Schiene e.V.