Als das historische Palmenhaus 1859 im Schlosspark Pillnitz gebaut wurde, war es technisch hochmodern. Das Pflanzenschutzhaus ist eines der letzten Zeugen dieser besonderen Glas-Stahlguss-Architektur in Deutschland, das vollständig erhalten ist und noch genutzt wird. Es gilt als ein „gläsernes Paradies“ und beherbergt exotische Pflanzen aus Südafrika, Australien und Neuseeland, die eine Mindesttemperatur von 18 Grad Celsius brauchen. Beheizt wird das Palmenhaus über Erdgas, seit 2022/23 alternativ mit Flüssiggas. In den letzten fünf Jahren verbrauchte es durchschnittlich 66.000 m³ Gas pro Jahr. Die Kosten für Energie in dem einfach verglasten Pflanzenschutzhaus beliefen sich 2024 auf 95.000 €. Unter der Maßgabe, die denkmalgeschützte Stahlguss-Glas-Konstruktion zu belassen wie sie ist, hat die Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH (SBG) insgesamt 148.800 € in die Modernisierung des Palmenhauses investiert. Das Ziel: Wärmeenergie einsparen. Ab 2026 soll abhängig von der Außentemperatur der Energiebedarf um ca. 20-30% gesenkt werden.

Palmenhaus Schloss Pillnitz     Foto Antje HeinzePalmenhaus Schloss Pillnitz Foto Antje Heinze

Neuer Energieschirm ist maßgeschneiderte Spezialanfertigung
Zusammen mit einer Spezialfirma für Gewächshausbau und in Abstimmung mit der zuständigen Denkmalpflege, wurde in ca. sieben Monaten Bauzeit die bisherige, inzwischen 16 Jahre alte, verschlissene Textilschicht abgenommen. Danach wurden neue Energie- und Rollschirme sowie zusätzliche Wärmedämmung an den Wänden installiert. Verwendet wurde ein gut isolierendes, feuerfestes Kunststoffgewebe. Die 36 Stoffbahnen für den Energieschirm und 60 Stoffbahnen an den Seitenwänden sollen nun signifikant zur Energieeinsparung beitragen. Insgesamt wurden über 1000 m² Spezialgewebe verarbeitet. Eine besondere Herausforderung des Projektes stellte die Form der Rotunde dar. Hier musste für das achteckige Pyramidendach passgenau geplant und entworfen werden. Entstanden ist ein maßgeschneiderter Energieschirm. Die Anlage wird über Elektromotoren und Seilzüge automatisch anhand eines Klimacomputers mit Lichtsensor und Temperaturfühler gesteuert. Der Energieschirm wird im Winter von 17 bis 7 Uhr geschlossen. Tagsüber wird er eingefahren, damit die Pflanzen Tageslicht bekommen. Die Energie- und Schattiergewebe spenden im Sommer auch Schatten, um die Pflanzen vor zu großer Hitze zu schützen. Geschäftsführer der SBG, Dr. Christian Striefler: „Nach der Inbetriebnahme der ersten PV-Anlage bei SBG im Klosterpark Altzella in diesem Jahr, ist der neue Energieschirm in Pillnitz ein weiterer, bedeutsamer Meilenstein. Die Ausgaben für Energie zu senken, energetisch nachhaltig und als Betrieb zukunftsfähig zu sein, sind unsere wichtigsten Ziele für die nächsten Jahre.“

Die beiden anderen Pflanzenschutzhäuser in Pillnitz bedürfen aktuell keiner Erneuerung. Das jetzige Kamelienhaus wurde 1992 erbaut. Es hält im Winter die Temperatur von 5 Grad Celsius, um die Kamelie vor Frost zu schützen. In der Orangerie überwintern die ca. 600 Kübelpflanzen bei 5 bis 7 Grad Celsius. Alle drei Pflanzenschutzhäuser zusammen hatten 2024 einen Verbrauch von 77.427 m³ Gas. Dies verursachte Kosten in Höhe von 127.000 € 

Neuer Energie  und Rollschirm   Foto: © Josefine FrankNeuer Energie und Rollschirm Foto: © Josefine Frank

Heutige Nutzung des Palmenhauses
Das Palmenhaus im Pillnitzer Schlosspark beherbergt heute 84 Solitärpflanzen zusammen mit über 2.000 Unterpflanzungen und Gruppenpflanzen z.B. Proteen, Eriken, Palmfarne, Strelitzien sowie eine Nikanpalme, eine Kentapalme, eine Feuerpalme u.v.m. Das insgesamt 660 m² große Pflanzenschutzhaus teilt sich in drei Abschnitte. Die Pflanzen Südafrikas und Australiens sind jeweils getrennt in ein Warmhaus und ein Kalthaus mit unterschiedlichen Temperaturansprüchen. Das in der Mitte gelegene Warmhaus beherbergt Pflanzen aus Afrika und Australien, die mindestens 18 Grad Celsius Umgebungstemperatur zum Gedeihen brauchen. Zur Geschichte des Palmenhauses informiert eine Sonderausstellung in der Mittelhalle. Der Eintritt ist während der Sommersaison im Ticket für Schloss & Park inbegriffen. In den Wintermonaten kann das Palmenhaus – während der Blütezeit auch gemeinsam mit dem Kamelienhaus – für 5€ besucht werden. Besucherlieblinge sind die kleinen Zwergwachteln, die zur Schädlingsvernichtung gehalten werden.

Die Geschichte des Palmenhauses – ein Meisterwerk seiner Zeit
Die sächsischen Monarchen mit botanischen Vorlieben konnten in Pillnitz ihre Leidenschaft ausleben. So wurden bereits Ende des 18. Jahrhunderts drei neue Gewächshäuser zur Unterbringung der Pflanzensammlungen des Kurfürsten errichtet. Unter König Johann wurde ab 1858 der Umbau bestehender Gewächshäuser sowie 1859 der Neubau eines großen Palmenhauses begonnen. Damals galt es als das größte, ganz aus Gusseisen bestehende Gewächshaus Deutschlands. Die vorgefertigte Stahlguss-Konstruktion war komplett verglast. 1951/52 wurde das im Krieg teilweise zerstörte, teilweise vernachlässigte Palmenhaus rekonstruiert und wieder als Gewächshaus und Winterquartier genutzt. 1969 musste es wegen Baufälligkeit komplett gesperrt werden und verfiel in den darauffolgenden 20 Jahren. Ab 1991 begann die Sanierung des Palmenhauses, wobei neue Gussteile entstanden und eine neue Verglasung eingebaut wurde. Das Palmenhaus gilt als eines der letzten Zeugen dieser Architektur und Konstruktionsweise auf deutschem Boden und zeigt eindrucksvoll die Bau- und Gartenkultur der Industriellen Revolution

Quelle: Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gemeinnützige GmbH